Bereits lange im Vorfeld hatten wir uns auf das Waterquake Open Air gefreut und ich kann schon einmal vorweg nehmen, dass wir auch im Nachhinein noch lange von dieser positiven Erfahrung zehren werden. Das sechste Mal hat die junge Crew nun das Festival organisiert und eine bunte Mischung aus Alternative, Rock, Metal und Ska zusammengestellt, dieses Mal auch mit Bands, die bereits bei Major Labels gesignt sind. Auf der anderen Seite waren natürlich ebenso lokale Newcomer am Start wie zum Beispiel Vomitville oder Dark Peasant. Für das ganze Billing schaut mal auf www.waterquake.de vorbei.Meine Wenigkeit traf bereits gegen 17 Uhr auf dem Gelände ein, etwa eine Stunde früher als meine Kollegen; und ich möchte a dieser Stelle nicht verschweigen, dass ich die Strecke von Bremen aus (inklusive einmal Verfahren ca. 60 km) glorreicherweise per Mountain Bike zurückgelegt hatte. Der Weserradweg führte mich dabei meist am Deich entlang und durch Dörfer, deren idyllische Erscheinung mir fast absurd erschienen war. Nachdem ich also Hobbingen und Bruchtal durchquert hatte, erreichte ich das BBZ Stadion in Brake bei schönstem Wetter und klopfte an das Backstage-Gatter.
Ich wurde herzlich begrüßt, setzte mich vor das „Musiker-Versorgungszelt“ und nette Menschen sagten zu mir: „Nimm dir, was du brauchst!“ Was ich brauchte, war ein kaltes Haake Beck und da die Anderen gerade erst in Bremen losgefahren waren, hatte ich Zeit, diesen paradisieschen Zustand noch eine ganze Weile beizubehalten. Es gibt doch Dinge, für es sich lohnt, morgens aufzustehn!
Na gut irgendwann mußte ich dann doch anfangen zu arbeiten, als nämlich die Jungs mit dem Equipment eintrudelten. Unseren Bassisten Thomas hatten sie zwar irgendwie vergessen, aber angeblich sollte der noch nachkommen…
Jetzt wurde erst klar, mit welch nützliche Infrastruktur Organisatoren hier zur Verfügung steht. Mit den Umkleidekabinen hatte fast jede Band ihren eigenen Backstageraum mit Duschen und Toilette! Die Umkleiden waren die ganze Zeit über von der Security bewacht, die ich im übrigen als sehr professionell und zuvorkommend empfunden habe. Die Umkleiden rühren daher, dass das Festival auf einem Sportgelände stattfindet, nämlich dem des Braker Bildungszentrums (BBZ).
Das Festival verfügt außerdem über ein zentral organisiertes Merchandise-Zelt, ich habe unseren Merch-Koffer einfach der guten Sunny in die Hand drücken können, zusammen mit einer Preisliste, worauf das Geschäft in zuverlässige Hände gelangt war.
Ebenfalls reibungs- und problemlos lief die Kommunikation mit dem Sound-Techniker, welcher mir mein In-Ear anschloss, ohne mir dafür die „Wedges“ wegzunehmen! (So habe ich außerdem gelernt, dass die üblichen Monitor-Boxen wie die Kartoffelecken heißen, man lernt ja nie aus! Und ihr könnt hieran ablesen, dass unsere Blog-Berichte stets aus Sicht eines Sängers geschrieben sind, der gerade mal sein Mikrofon von einer Tüte Lakritz-Eis unterscheiden kann, also wundert euch nicht, wenn technische Details hier eher Mangelware sind…)
So jetzt mal zur Musik! Vomitville (zu deutsch in etwa „Kotzdorf“) enterten in Anzug und Krawatte die Bühne, rockten wild und plauderten munter drauf los. Die Braker Indie-Rocker wirkten auf mich trotz ihrer unverschämt jungen Erscheinung schon ziemlich eingespielt und hatten hier als Opener womöglich einen etwas schwierigen Ehrenplatz (sollte man meinen!), aber der amtliche Auftritt der Jungs verschaffte ihnen auch ein amtlich mitrockendes Publikum, das mächtig Bock auf Feiern hatte! Schönes Ding!
Pünktlich traten sodann Phonik aus Berne auf die Bretter. Die „Erfinder der schizophrenen Dorfmusik“ schlagen stilistisch nicht so weit entfernt von Vomitville zu, sind aber variantenreicher und scheuen sich auch nicht, die verschiedenen verwendeten Stile mal in ihrer Reinform zu darzubringen, unter anderem auch mal „einen Metalsong“. Mit viel Druck und Abwechslung also konnten Phonik überzeugen und sicherlich einige neue Fans dazugewinnen!
Weiterhin gab es einen zeitplansicheren und reibungslosen Ablauf, das hatte die Waterquake-Crew wirklich super im Blick! Als nächstens konnten Sorrowfield sich also die Ehre geben, so ziemlich genau um 20 Uhr zur Primetime! Die Idee mit „Remember me“ als heftig-kurzem Opener hatte sich bereits bewährt und auch hier schien es die richtige Wahl gewesen zu sein. Das waren jetzt nicht hundert Leute vor der Bühne, aber dennoch eine ansehnliche Meute, die voll auf Kurs war, johlte, Sprechchöre schmetterte, tanzte und kaum Ermüdungserscheinungen zeigte, bis auf die „Riddles/Magic Carpet“-Phase, Songs, die wir bereits recht ordentlich komprimiert haben während des Songwritings, die aber immer noch auch Parts „zum Zuhören“ beinhalten. „Fire“ und „Blooddance“ wurden ordentlich abgefeiert und überhaupt haben wir alle einen riesen Spass mit euch dort gehabt, ein ganz grandioses Publikum! Ein paar waren dort, die den „Eldo-Song“ forderten, einen Spass-Song, den wir neulich extra für einen Auftritt im Eldorado in Nordenham geschrieben und performt hatten. Leider konnten wir diesen Wunsch nicht erfüllen, um im Zeitplan zu bleiben und den nachfolgenden Bands keine Zeit zu klauen. Genauso haben wir uns den „Doug & Carrie“-Song geklemmt, den wir eigentlich extra für´s Waterquake ein wenig umgetextet hatten! 🙂 Scheißegal, rundum zufrieden kletterten wir nach „Decorating Drunkards“ wieder von der Bühne herunter und machten Platz für Safi aus Leipzig, die kurzfristig für die erkrankte „Kapelle Petra“ eingesprungen waren.
Für mich persönlich war das musikalisch harter Tobak, das heißt um genau zu sein, so in etwa wie Wir Sind Helden auf Koks mit abgedrehten Parts und schrägen (nicht im Sinne von „schief“!) female Vocals, oder Babes In Toyland auf deutsch oder keine Ahnung. Diese subjektive Wahrnehmung ist zugegenermaßen diffus, meine Aufmerksamkeit begann auch langsam von der Bühne abzudriften und und ich fing an, zu beobachten wie zum Beispiel unser Drummer Oli stufenweise seinen Pegel erhöhte, was ich wahrscheinlich nur deswegen überhaupt wahrnehmen konnte, weil sein Pegel stets geringfügig über meinem eigenen lag. 😉 Safi jedenfalls machen sehr spezielle Musik, die vielleicht nicht jedermanns/fraus Sache ist, aber wer Fan ist, wird ziemlich genau wissen warum; und 08/15-Kapellen haben wir auch schon genug am Start.
Die restliche Zeit des Abends haben wir mit Herumlungern und Uns-einen-Ast-freuen verbracht bis dann die Freitags-Headliner Wisecräcker loslegten. Mit Pauken und Trompeten (letzteres ist wörtlich gemeint) legten die überregional bereits recht bekannten Hannoveraner einen furiosen Gig hin, der glaube ich über eine Stunde ging. Wer nicht zum ersten Mal auf dem Waterquake war und die Auftritte der Mad Monks genießen durfte, fand hier ein musikalisch zumindest ansatzweise Vergleichbares, wobei Wisecräcker jetzt weniger rustikal und durchgeplanter wirkten als die Bremer Kollegen. Professioneller Ska-Punk mit zig Instrumentalisten und einer agilen Frontsau auf der Bühne und die Party ist perfekt. Ein würdiger Headliner!
Wir sind danach natürlich nicht direkt in die Heia, sondern haben noch eine ganze Zeit „herumgelungert“ und Oli zugesehen, wie er Stagediving von der leeren Bühne gemacht hat. Er tat dies übrigens auch schon zuvor, während Wisecräcker noch auf der Bühne standen und klaute den Jungs doch tatsächlich ein Bier von der Bühne, pfui Oli!
Nach seinem dritten Dive oder so war er dann reglos auf dem Rasen liegen geblieben, was aufmerksame Umherstehende dazu veranlasste, ihn in eine stabile Seitenlage zu bringen. Naja kurze Zeit später war der Junge wieder auf den Beinen (irgendwie) und machte weiter die Gegend unsicher… Der, mittlerweile zur Tradition gewordene, Dirty Harry (eine Art Lakritz-Likör) hatte jedenfalls seinen Dienst getan…
Kurios oder erwähnenswert vielleicht noch oben zu sehende, mysteriöse Armbemalung, die mir zugefügt wurde, während Oli mich während des Wisecräcker-Gigs durch die Menge schleifte, mich mit Pogo belästigte und mich über und über mit seinem Bier besudelte: irgendwann bei dieser Gelegenheit haben wildgewordene, weibliche Wesen meinen Arm genommen und mir dieses… naja… Pimmelgesicht angedeihen lassen. Mädels, das ist hiermit für die Nachwelt festgehalten, vielleicht möchte die Künstlerin sich ja noch nachträglich outen?
Und zum Schluss noch ein paar Worte zur Organisation. Leute, wir möchten euch ein riesen Kompliment aussprechen! Ihr seid nicht nur die netteste Crew, die es gibt, sondern habt da einen irrsinigen logistischen und organisatorischen Kraftakt perfekt über die Bühne gebracht; wir hatten das Gefühl, es hat an keiner Stelle gehakt und waren rundum super betreut. Wenn ihr wissen wollt wie man so etwas auch ganz anders „hinkriegen“ kann, zieht euch mal meinen Bericht über das sogenannte Herford Debakel rein! Auf jeden Fall bereue ich es sehr, dass wir nicht den Samstag noch bleiben konnten! Sollten wir 2011 nicht wieder auf dem Billing stehen, bin ich halt so Gast! Und ich denke da kann ich noch für ein paar andere von uns sprechen. In diesem Sinne, Thumbs up und bis zum näxten Mal!
by Marco, 18.08.2010